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Vortrag “Afrika und der 2. Weltkrieg. Zur Kriegswirtschaft in Afrika und den Folgen bis in die Gegenwart”

17. Juni 2015 | 19:00 - 21:00

Kostenlos

Wie war Afrika am Zweiten Weltkrieg betroffen? Was sind die Folgen dieser Krieg für die Wirtschaft und Soziokultur in diesem Kontinent? Darüber referiert Birgit Morgenrath. Eine Diskussionsrunde erfolgt nach ihrem Vortrag.

Afrika ist besonders betroffen von den Ereignissen des Zweiten Weltkriegs, weil weite Teile des Kontinents noch unter Kolonialherrschaft bzw. Apartheidregimes  standen. Für den gesamten afrikanischen Kontinent sind die Folgen des Zweiten Weltkriegs verheerend und sind bis in die Gegenwart präsent. Der berühmte Historiker aus Burkina Faso Joseph Ki-Zerbo bezeichnet den Zweiten Weltkrieg als größten historischen Einschnitt für Afrika seit dem Sklavenhandel und der Zerstückelung des afrikanischen Kontinents bei der Berliner Kongo-Konferenz im Jahre 1884/1885.

Die gängigen Angaben über den Beginn des Zweiten Weltkriegs (1. Sept. 1939) gelten nur für den Kontinent Europas. Der Zweite Weltkrieg begann in Afrika mit dem Überfall Italiens auf das unabhängige Land Äthiopien 1935, bei dem ca. 150.000 Zivilist*innen allein in den ersten sieben Kriegsmonaten getötet wurden. Dort kam auch Senfgas zum Einsatz.

Afrikanische Kolonialsoldaten mussten sich mit weniger Sold, schlechteren Unterkünften und geringeren Rentenansprüchen als weiße Soldaten zufrieden geben. Selbst dieser geringere Sold sowie die versprochenen Prämien und Renten wurden oft nicht ausgezahlt, was wiederrum zu Protesten der Soldaten bei ihrer Heimkehr führte. Viele wurden bei solchen Protesten massakriert und inhaftiert, wie etwa im Senegal 1944 und in Algerien 1945. In Algerien selbst gilt der 8. Mai 1945 (Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa) als nationaler Volkstrauertag. Zehntausende Algerier hatten bei der Befreiung Europas mitgekämpft. Am diesem Tag wurden in Algerien Tausende Menschen von französischen Siedlern und Fremdenlegionären massakriert, nur weil sie bei den Umzügen zur Feier des Kriegsende in Europa auch algerische Fahnen mit sich trugen und damit nach ihrem Einsatz für die Befreiung Frankreichs auch Freiheit und Unabhängigkeit für ihr eigenes Land forderten.

Nach der Befreiung Europas vom Faschismus forderten viele Kolonialisierte auch die Unabhängigkeit in ihren Ländern, zumal 1941 der britische Premierminister Winston Churchill und der amerikanische Präsident Franklin D. Roosevelt die berühmte Atlantikcharta unterzeichnet hatten, die den Kolonialisierten das Selbstbestimmungsrecht nach dem Kriegsende versprach. So folgte auf den Krieg ein Aufschwung der politischen Unabhängigkeitsbewegungen mit nachhaltigen Folgen bis in die Gegenwart.

Die Kolonien der kriegführenden Mächte mussten zudem Nahrungsmittel für die kämpfenden Truppen, Zwangsarbeiter*innen für die gesamte Kriegswirtschaft sowie Rohstoffe für die Rüstungsproduktion liefern. Oft hungerte deshalb die einheimische Bevölkerung. Das Uran für den ersten Einsatz von Atomwaffen in Japan durch die USA kam aus einer Uranmine in Belgisch-Kongo. Menschen in den Kolonien wurden sogar dazu gezwungen, für Soldaten in deutscher Kriegsgefangenschaft Geld und Lebensmittel zu spenden.

Auch das NS-Regime bezog kriegswichtiges Material aus den französischen Kolonien in Afrika und Indochina, die unter der Kontrolle des Kollaborationsregimes von Vichy standen. Die Nazis wollten nach der Unterwerfung Osteuropas zudem ein Kolonialreich in Zentralafrika erobern und über Nordafrika in den Nahen Osten vorstoßen. Auch Hunderttausende Jüd*innen in dieser Region mussten deshalb um ihr Leben fürchten. 1942 landete ein SS-Kommando in Tunesien, das die Jüd*innen in Nordafrika und Palästina vernichten sollte und noch im chinesischen Shanghai sahen sich Zehntausende jüdische Flüchtlinge von Gestapo-Verfolgern bedroht.

Birgit Morgenrath arbeitet als freie Journalistin und Moderatorin für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, vor allem zu den wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zwischen Erster und Dritter Welt, zu Geschichte, Politik, Wirtschaft und Umwelt in Südafrika sowie in anderen Regionen des südlichen Afrikas. Als Mitglied des Kölner Autor*innenkollektivs Recherchen International e. V. recherchierte sie zum Thema in West-, Ost- und Südafrika und ist Ko-Autorin des Buchs und der Unterrichtsmaterialien Unsere Opfer zählen nicht. Die Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg.

Details

Datum:
17. Juni 2015
Zeit:
19:00 - 21:00
Eintritt:
Kostenlos
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