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Lesung und Diskussion mit der senegalesischen Schriftstellerin Ken Bugul – Launch des Romans “Riwan oder der Sandweg”

18. November 2016 | 20:00 - 22:00

5€

Im Rahmen der “Marburger Gespräche zu Migration und gesellschaftlicher Gestaltung”

Anlässlich des Erscheinens ihres Meisterwerks “Riwan oder der Sandweg” auf Deutsch (Übersetzung Jutta Himmelreich) laden wir zu einer Lesung und Diskussion mit Ken Bugul ein.

Ken Bugul gilt als eine der wichtigsten und originellsten Schriftstellerinnen Westafrikas – eine durch und durch weibliche, zweifelnde und zugleich starke und radikale Stimme, mit einem unbändigen Mut zur Freiheit und zur eigenen Position. Ken Buguls Analysen ihrer eigenen Gesellschaft wie auch des Westens sind ebenso ehrlich wie sie authentisch sind, weil sie sich nicht auf Ideologie und Theorien verlassen, sondern im authentisch und intim Erlebten gründen. Ihr radikales Schreiben, so Marie-Hélène Gutberlet, „setzt auf den Mut zur Äußerung und Freilegung der menschlichen Erfahrung“, eben jenseits dogmatischer Positionen und klischeebehafteter Zuschreibungen.

In ihrem Meisterwerk „Riwan oder der Sandweg“, das von einer afrikanischen Kommission zu einem der 100 wichtigsten afrikanischen Bücher des 20. Jahrhunderts gewählt und mit dem wichtigsten afrikanischen Literaturpreis ausgezeichnet (Grand Prix Littéraire de l’Afrique Noire) ausgezeichnet wurde, erzählt Ken Bugul, in einem erschütternden – aus der Quelle eines authentischen Erlebens geschöpften und poetischen Berichts – von der verzweifelten Suche der autofiktionalen Hauptfigur nach einer wiederhergestellten, geschlichteten und mit sich selbst versöhnten Identität. Sie reflektiert dabei in ungewöhnlich offener und hellsichtiger Weise über den Feminismus. Viele Vorurteile und aus Europa übernommene Ansichten über die Lebensbedingungen afrikanischer Frauen werden umgestürzt und gnadenlos auseinandergenommen oder seziert. In Riwan findet ein mutiges Nachdenken über afrikanische Traditionen, Polygamie, Monogamie, Entfremdung, Verführung, Leben und Tod statt.

Lesung auf französisch durch Ken Bugul und deutsch durch Gabriele Borgemeister

Moderation: Muriel Mben

Biografie:
Mariétou Mbaye alias „Ken Bugul“ kommt 1947 in einem isolierten Dorf im noch kolonisierten Senegal zur Welt. Ihr Vater ist bei ihrer Geburt 85 Jahre alt. Als sie fünf ist verlässt die Mutter den Haushalt – eine traumatisierende Erfahrung des Verlassenwerdens, die grundlegend für Ken Bugul ist und ein Leitmotiv in all ihren Romanen. Sie fühlt sich nicht geliebt, ist aber voller trotziger Entschlossenheit und strebt nach Freiheit. „Ken Bugul“ ist ihr selbstgewähltes Pseudonym und bedeutet auf Wolof so viel wie »niemand will sie«, ein Name, der traditionell Kindern gegeben wird, die auf Totgeburten folgen. Als erstes Mädchen ihrer Familie geht sie zur Schule und erhält 1971 ein Stipendium zum Studium in Belgien. In Europa entdeckt sie neue Ideologien und Freiheitsideen, die moderne Kunst, aber auch Drogen, Einsamkeit und Verachtung und lernt sogar Prostitution aus Mangel an Zuneigung kennen.

Nach Jahren im Westen kehrt sie 1980 30-jährig als zerstörte Frau in den Senegal zurück, wo sie wiederum von Familie und Gesellschaft als Verrückte zurückgewiesen wird. Sie lebt mit den Ausgestoßenen und fängt aus “therapeutischer Notwendigkeit” an, ihre Erfahrungen niederzuschreiben. In der Not wendet sich Ken Bugul auch an ihre Mutter und sucht Schutz in ihrem Dorf, wo sie jedoch aus Scham hinter verschlossener Tür gehalten wird. Erst die Begegnung mit dem großen Serigne (Kalif) verändert ihr Leben. Eine tiefe Freundschaft entsteht, die auch dazu führt, dass der Serigne sie offiziell „zur Frau“ bzw. unter seinen Schutz nimmt, eine symbolträchtige Geste, durch die sie augenblicklich gesellschaftlich “reintegriert” ist. Ihr erster Roman, „Die Nacht des Baobab“ (1981), eine gnadenlos ehrliche Abrechnung mit ihrer Zeit im Westen, macht international Furore. Es folgen „Cendre et braises“ und schließlich „Riwan“, die Verarbeitung ihrer Erfahrungen am Hof des Serigne, der mit dem Grand Prix littéraire de l’Afrique Noire ausgezeichnet wird und auf der Liste der 100 besten afrikanischen Bücher des 20. Jahrhunderts steht.

Nach dieser „therapeutischen“ Schreibphase arbeitet Ken Bugul ab 1986 in über 30 afrikanischen Ländern für internationale Organisationen zu den Themen Familienplanung und Frauenrechte. Erst relativ spät in ihrem Leben entschließt sie sich, sich ganz der Schriftstellerei zu widmen. Inzwischen hat Ken Bugul zehn Romane veröffentlicht und einen einmaligen poetischen Prosastil entwickelt. Eine Reihe ihrer Romane zeichnen sich weiterhin durch autofiktionale Bezüge aus, die immer wieder auf ihre Familiengeschichte zurückverweisen, wie das ihrer Mutter gewidmete und ganz im Rhythmus eines Schlaflieds gehaltene „De l’autre côté du regard“. Sie experimentiert jedoch auch mit Elementen des Kriminalromans („Rue Félix Faure“), dem intermedialen Roman, in dem das Radio zu einer wichtigen Erzählinstanz wird („La folie et la mort“), oder der Dystopie („La pièce d’or“).

2011 kehrt sie nach langer Abwesenheit erstmals für längere Zeit nach Dakar zurück, wo sie inzwischen hauptsächlich lebt.

Veranstalter: Kulturelle Aktion Marburg Strömungen, Lutherische Pfarrkirche, Afrikanischer Studierenden Verein, Weltladen Marburg, Asylbegleitung Mittelhessen, Buchhandlung Roter Stern, AG Sozialpsychologie der Philipps-Universität Marburg, Projekt “Einsicht – Marburg gegen Gewalt”

Die Lesung findet im Kerner statt, Nikolaistr.1, neben der Lutherischen Pfarrkirche!

 

Details

Datum:
18. November 2016
Zeit:
20:00 - 22:00
Eintritt:
5€
Veranstaltungskategorie:
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